Telefonseelsorge Wien - ein offenes Ohr für alle Fälle
142 ist die Notrufnummer der Telefonseelsorge Wien. Seit dem Jahr 2016 ist Carola Hochhauser Evangelische Leiterin dieser ökumenisch geführten Einrichtung. Die Gemeindevertreterin der Verklärungskirche hat uns etwas über ihre ehrenamtliche Arbeit dort erzählt.
Was kann man sich unter „Telefonseelsorge“ genau vorstellen?
Die Telefonseelsorge ist ein niederschwelliges Angebot der Evangelischen und der Katholischen Kirche für Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – das Gespräch suchen. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (es sind immer 2 Leitungen besetzt) kommen mit Anrufenden ins Gespräch, begleiten sie für die Dauer eines Gespräches und schenken ihnen ihre volle Aufmerksamkeit.
Während der Corona-Pandemie sind viele Menschen, vor allem alleinstehende und ältere Personen, vereinsamt. Wie hat sich Covid-19 auf die Telefonseelsorge ausgewirkt?
Im ersten Lockdown sind die Zahlen der Anrufenden in die Höhe geschnellt, von ca. 100 Telefonaten am Tag auf 150, ab dem Frühsommer 2020 sind sie wieder gesunken, nun sind es ca 110 Anrufe. Wir haben die Chatzeiten ausgeweitet (von 3x die Woche auf tägliche Zeiten), das wird gut und gerne genutzt. An den Themen haben wir gemerkt, in welche Lebensbereiche Corona hineingespielt hat, nämlich buchstäblich in alle.
Gibt es auch manchmal Engpässe? Wie geht ihr denn damit um?
Es passiert immer wieder, dass Anrufende trotz doppelter Besetzung am Telefon nicht durchkommen. Uns ist es wichtig, den Anrufenden die Zeit zu geben, die sie brauchen. Gespräche können unterschiedlich lang dauern, so von 30 Sekunden bis manchmal auch bis zu einer Stunde. Wenn wir merken, dass viele Menschen uns zu erreichen versuchen, bitten wir in den Gesprächen um Verständnis, dass wir das Gespräch zum Ende bringen müssen, auch weil wir durch den Status der Notrufnummer erreichbar sein wollen.
Was geschieht, wenn Seelsorge die Probleme der Anrufenden nicht erleichtert - gibt es eine Zusammenarbeit mit sozialen Organisationen?
Wir sind mit anderen Sozialeinrichtungen in Wien sehr gut vernetzt. Wenn Anrufende konkrete Fragen zu anderen Einrichtungen haben, verweisen wir sie auf diese. Wir werden aber selbst nicht tätig oder rufen für jemanden irgendwo an.
Welche Fähigkeiten braucht man, um als ehrenamtliche/r Mitarbeiter:in bei der Telefonseelsorge mitzumachen?
Ich selbst habe im Jahr 2004 die Ausbildung zur ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Telefonseelsorge Wien gemacht und sitze seither regelmäßig am Telefon und begleite die Anrufenden in ihren Notsituationen für die Dauer eines Gespräches. Die Ausbildung dauert ein Jahr und es ist eine wirklich gute Ausbildung. 2019/20 habe ich zusätzlich die Ausbildung für Chat- und Mailberatung gemacht. Die Dienste machen mir nicht immer Spaß, aber immer Freude und ich fühle mich sehr beschenkt, wenn Menschen von sich erzählen und ich sie ein Stück weit mit einem Gespräch, einem Chat oder einem Mail begleiten darf.
Die Ausbildung basiert auf dem Ansatz der personenzentrierten Gesprächsführung von Carl Rogers: Den Menschen mit Empathie, Wertschätzung und Authentizität im Gespräch zu begegnen. Diese Haltungen werden in der Ausbildung geübt, ganz praktisch. Wichtig ist auch, dass man lernt, die Probleme der Anrufenden nicht zu den eigenen Problemen zu machen. Begleitende Supervisionen und Fort- und Weiterbildungsangebote sind wichtig. Es wird auch nicht von zu Hause aus gearbeitet, sondern von einer Stelle. Das ist für die Abgrenzung sehr wichtig.
Wie kann man selbst mitmachen - gibt es dafür einen Tipp?
Selber mitmachen kann man nach der entsprechenden Ausbildung, bei Interesse bitte über die Homepage anmelden (www.telefonseelsorge.at/Mitarbeit) Kriterien dafür sind ein Alter zwischen 25 und 60 Jahren und die Bereitschaft, sich mit andere und mit sich selber auseinander zu setzen. Die nächste startet im Jänner 2022!
Liebe Carola Hochhauser, danke für das Gespräch!
Die Telefonseelsorge Wien ist eine Einrichtung der Evangelischen und der Katholischen Kirche. Die Nummer der Telefonseelsorge 142 ist eine Notrufnummer und somit kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. 150 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglichen das. Für Menschen, die sich ihre Sorgen lieber von der Seele schreiben, gibt es das Angebot einer Mailseelsorge und einer Chatseelsorge, täglich von 16:00-22:00 (www.telefonseelsorge.at). Alle Angebote sind vertraulich und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verschwiegenheit verpflichtet.